PDS'ler: Paparazzi-verfolgt (Paul Prasser, Maren Mettelsiefen, Mandus Craiss)
Von Leuten mit ARD-Jacken umgerannt, von Phoenix-Kameras in den Rücken geschlagen und ZDF ist live dabei. Dietmar Bartsch und Gabi Zimmer versinken im Blitzlichtgewitter. Die Trauben von Journalisten können die beiden Gejagten nur durch Verlassen des Kultur und Kongress-Zentrums abhängen. Da fragt man sich als Jugendpressler schon, wieso über 300 Journalisten, ausgerüstet mit Ü-Wagen, Kameras und mobilen Studios zum Parteitag kamen.
Dies fragten wir erfahrene Journalisten vom Kölner Stadt-Anzeiger, der Deutschen Welle und dem WDR-Radio und ermöglichten ihnen einen Einblick in das Gefühl von Journalisten mit dämlichen Fragen belästigt zu werden. Sie schienen dies dankbar aufzunehmen und standen uns sofort Rede und Antwort. Die Politikjunkies, auch Alt-Journalisten genannt, konnten sich den großen Medienrummel nur mit dem schlechten Abschneiden der PDS bei der Bundestagswahl und der Neuwahl des Parteivorsitzes erklären.

Spannung, Spiel und Schokolade

Die Stimmung im Sitzungssaal lässt sich nur mit Spannung, Spiel und Schokolade beschreiben. Spannung zwischen den Parteiflügeln, Spiele mit der Macht und Schokolade nebenbei. Die Meinungsäußerungen reichten von "Unverschämtheit" über Buh-Rufe bis hin zu Standing Ovations. Besondere Aufregung kam auf, als Roland Claus seine Kandidatur zum Parteivorsitzenden ankündigte. Er konnte seine Rede gerade noch beenden, bevor sich eine Schar von Journalisten auf ihn stürzte. Sie wollten ihn einfach nicht in Ruhe lassen, ein Interview nach dem anderen. „Bitte lächeln“ und noch ein Foto. Die erlösende Parole schrie dann ein überzeugter Genosse mit durchdringender Stimme: „Zurück zu Zucht und Disziplin!“

Sprachbegabt, stark und sexy


Sämtliche Medien, sei es Internet, Zeitung, TV, Radio oder Web, bemühen sich darum, so viele Informationen wie möglich über die Wahl des neuen Parteivorsitzes zu vermitteln. Die Journalisten, Handwerker der öffentlichen Meinung, bringen eine Art Auftragsinteresse zum Parteitag mit, denn die Chefredakteure wollen Fakten, Fakten, Fakten. Um die glamouröse Atmosphäre an einem Beispiel zu demonstrieren, haben wir Angela Marquardt herausgepickt. Wir erlebten Angela als eine der attraktivsten und provokativsten Persönlichkeiten. Die ehemalige Hausbesetzerin aus Greifswald liebt kreative Frisuren (dürfte jedem aufgefallen sein) und Musik von Eminem‚Ton Steine Scherben und Herbert Grönemeyer. Obwohl sie eine facettenreiche und extravagante Frau ist, können wir uns beim besten Willen nicht vorstellen, sie im ‚kleinen Roten’ bei romantischer Ballmusik aufzufinden. Aber man kann ja nicht alles haben. Dafür wirkt sie schlagkräftig. In jeder Hinsicht. „Lenken kann und will ich auch nicht, aber ich kann überzeugen!“ Wir bemerken sofort, dass sie etwas anderes will: Sie will überraschen. Ihr Kommentar „Immer genau das Gegenteil von dem tun, was andere erwarten, das ist auch eine Kunst.“ Nach fünf Minuten Interview ähnelt unser Gespräch eher einem Kaffeeklatsch. Locker und mit ihrer ursprünglich frechen & relaxten Art philosophierte sie über ihren Look und dessen Wirkung. Kurzerhand deklarierten wir ihr Statement zu dem gekonntesten Spruch des Bundesparteitages: „Wieso sollte mein Aussehen jemanden stören? Ich unterstell ja auch nicht einem, der immer einen Anzug trägt, dass er mich provoziert.“

Sendung, SLK und Schluss.

Eines sind wir uns nach dem Gespräch gewiss: Wir würden Angela Marquardt gerne umringt von Journalisten sehen. Vielen Journalisten. Und den passenden Benz-SLK mit Chauffeur. Vielleicht bunt besprayt, damit es auch hübsch individuell bleibt.